14. September 2019

Solutions.Hamburg 2019 - Nachlese

Drei Tage lief die Solutions.Hamburg auf Kampnagel: eine Konferenz zum großen Thema Digitalisierung. Es gab viele spannende Vorträge und Gespräche, aber auch weniger spannende Vorträge die eigentlich Werbeveranstaltungen waren und auch nicht jeder Speaker vermochte es zu inspirieren.

Zwei Gedanken beschäftigen mich im Nachgang der vielen EIndrücke besonders.

1) "Wir müssen wieder lernen zu experiementieren"

Das sagte Prof. Dr. Henning Vöpel, Direktor des Hambuger Welt-Wirtschafts Institutes (HWWI) bei der Vorstellung des Projektes Hammerbrooklyn. Das Projekt soll einen Raum bieten für digitale Innovationen und soll ein Katalysator sein, für neue Entwicklungen im Zusammenhang mit Digitalisierung. Und um neue, gute Lösungen zu finden, reicht es eben nicht, altbewärtes neu zu kombinieren, sondern, so die Aussage von Henning Vöpel: wir müssen wieder lernen zu experimentieren, um auf neue, bisher unbekannte oder vielleicht bisher undenkbare Lösungen zu kommen.

Im Rahmen meiner Elternschaft habe ich mich viel mit der kindlichen Entwicklung beschäftigt und ich muss nur meinen inzwischen fünfjährigen Sohn beobachten um zu sehen: wir kommen schon mit einem unbändigen Experiemntierwillen auf die Welt! Kinder probieren alles aus und sind dabei eben auch nicht gehemmt Dinge zu probieren, bei denen der beobachtende Erwachsene geneigt ist zu sagen "das kann ja nicht klappen" oder "das ist ja viel zu umständlich" oder "das dauert zu lange" und so weiter...

Ich denke also wir müssen das experiemntieren gar nicht lernen. Wir können oder vielmehr konnten es alle mal. Wir hatten alle einmal Freude daran, die Welt zu entdecken und sie uns zu erschließen. Bis wir in die Mühlen der Bildungsapparate gerieten und gelernt haben, was richtig und was falsch ist und auch, dass es oft mehr Anerkennung (gute Noten) bringt, einfach mal stumpf etwas auswendig zu lernen, statt es kritisch zu hinterfragen und eigene Wege zu finden und zu gehen.

Die Millionen Euro, die wir jetzt in Innovations-Zentren stecken, die müssten wir in die Reform unseren verstaubten Bildungssystems stecken, in die Ausbildung der Lehrer, in die Infrastruktur angefangen bei Schimmel- und Asbestfreihen Räumen und weiter bei technischer Ausstattung und Raum für Entfaltung.

Wenn man sich die heutigen modernen Arbeitsplätze anschaut, da finden sich offene, gut ausgestattete Räume. Da finden sich Ecken mit Sofas, Tischkicker, Yoga-Angebote und so weiter. Warum glauben wir, das kleine Menschen (Kinder) nicht genauso eine gute Umgebung brauchen um sich zu entfalten wie große Menschen (Erwachsene)?

2) Pauschaler Argwohn gegenüber Zero Waste. Wo bleibt der agile Ansatz?

Im Gespräch mit einem Teilnehmer kam das Thema "Zero Waste" auf. Der Teilnehmer erzählte, das er in Berichten über Zero Waste immer genau hinschauen würde und das da im Hintergrund meist ein MacBook oder so stehen würde und das das Anliegen ja dadurch völlig unglaubwürdig sei.

Auf meine Nachfrage, ob er es denn nicht als sinnvoll ansehen würde, die Müllerzeugung zu reduziern und wo immer es geht, Müll einzusparen, antwortete er zwar, dass das durchaus anstrebenswert sei. Mein Eindruck war allerdings, dass er ganz froh war, dass er da immer "Ausreden" findet, warum das mit dem Zero Waste ja unglaubwürdig sei (und er sich dann zum Glück selbst nicht näher damit beschäftigen müsste, so meine Interpretation/Unterstellung).

Aber scheint da nicht genau das fehlende agile Mindset durch? In einem Vortrag an dem Tag hatte ich zum Thema agile Transformation gehört "einfach mal anfangen und dann besser werden". Geht es nicht genau darum? Den ersten Schritt zu machen und dabei eben noch nicht perfekt zu sein? Ist Perfektion überhaupt möglich? Gibt es jemanden, der perfekt ist? Ist nicht eine (agile) Transformation ein immer währender Entwicklungsprozess? Sollten wir nicht generell daran interessiert sein, uns selbst weiterzuentwicklen? Und um mich weiterzuentwicklen muss ich nicht schon perfekt sein. Ich muss es nur zulassen und begreifen, dass ich nicht perfekt bin. Die schwierige aber spannende Erkenntnis ist ja dann genau: das macht nichts, denn keiner ist perfekt. Solange ich mich auf dem Weg befinde und daran arbeite, mich weiterzuentwicklen, ist alles gut.

Es ist fast wie beim Yoga. Es ist egal, ob die neben dir viel gelenkiger sind oder mehr Ausdauer haben oder was auch immer. Wichtig ist, dass du selbst die Übungen so gut machst wie du kannst. Das du auf dem Weg bist und Yoga (oder Agilität oder Zero Waste) eben so gut machst, wie du es kannst. Und allein durch das wertfreie Tun, entwickelt man sich weiter ohne dass man es krampfhaft versucht hat.

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